In Memoriam Papst Benedikt

Papst em. Benedikt XVI. 16. April 1927 – 31. Dezember 2022 In Memoriam an unseren Ehrenbürger

2 Sonderausgabe 12/2022 Gottesdienst in der Heimatkirche St. Johannes d. T. in Pentling. Die Brüder Joseph (* 16.4.1927, † 31.12.2022) und Georg (* 15.1.1924, † 1.7.2020) Ratzinger in ihrem Garten. Schwester Maria (* 7.12.1921, † 2.11.1991) verabschiedet Joseph Ratzinger am Gartentor. Der Papst vor seinem Haus in Pentling. Festzug zur Fahrzeugweihe des neuen Feuerwehrfahrzeugs der FFW Pentling im Jahre 1986. BildeR: pRivat Auf seinem Nachhauseweg von der Pentlinger Kirche benutzte Professor Ratzinger gerne eine kleine Abkürzung zwischen dem Stadtweg und dem Mitterweg, die eigentlich keinen Namen trug. Ein Nachbar kam auf die Idee, ein Schild mit der Aufschrift „J. Ratzinger-Gangl“ anzufertigen, und so erhielt der kleine Weg seine inoffizielle Bezeichnung. Bild: RaineR Kühne

3 Sonderausgabe 12/2022 Er blieb stets „Einer von uns“ Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, der Zeitpunkt, an dem wir die traurige Nachricht vom Ableben von Papst em. Benedikt XVI. erhielten, wird sich mit allen Einzelheiten sicherlich nicht nur mir in das Gedächtnis eingebrannt haben. Wir werden wohl noch in vielen Jahren wissen, wo und unter welchen Umständen wir davon hörten, denn dieser Moment hat unsere Herzen tief berührt. Unser Pentlinger Ehrenbürger stand als Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche von 2005 bis 2013 für die Glaubensgeschicke von mehr als einer Milliarde Katholiken und hatte nach fast fünfhundert Jahren wieder als Deutscher das Pontifikat erhalten. Er war immer „Einer von uns“ und „unsere gute Seele“ im Ort. Er war „unser Pfarrer“ geblieben, der hier gern lebte und wirkte, Feuerwehrfahrzeuge segnete und Messen las. Bis ihn die Kirche nach Rom berief, fand er viele Jahre seine ihm liebgewonnene Heimat bei uns in Pentling, war unser Mitbürger und geistlicher Wegbegleiter. Wir haben ihn stets kennen und schätzen gelernt als einfachen, genügsamen „Arbeiter imWeinberg des Herrn“. Es war mir eine besondere Ehre, diesen die ganze Welt prägenden Menschen persönlich kennengelernt, mit ihm gelacht, gefeiert und auch gebetet zu haben. Ihre Barbara Wilhelm 1. Bürgermeisterin

4 Sonderausgabe 12/2022 Papst em. Benedikt XVI. war seit 1969 Bürger der Gemeinde Pentling und blieb dies auch trotz seiner Berufung nach Rom. Für seine tiefe Verbundenheit mit der Pentlinger Bevölkerung und die Würdigung seiner großen Verdienste erhielt er 1987 die Ehrenbürgerwürde der Gemeinde. Sein Wirken unter uns war stets von seinem tiefen Glauben geprägt, den er mit unprätentiöser Selbstverständlichkeit mit Leben erfüllte und der in vielen unserer Herzen weiterleben wird. Die Gemeinde Pentling verliert mit ihm eine die Welt prägende, herausragende Persönlichkeit. In stiller Trauer verneigt sich die Gemeinde Pentling vor diesem besonderen Menschen. Im Glauben an die Auferstehung werden wir seiner stets im Gebet gedenken und ihm immer ein ehrendes Gedenken erweisen. Barbara Wilhelm 1. Bürgermeisterin Die Gemeinde Pentling trauert um ihren langjährigen Ehrenbürger Papst em. Benedikt XVI. Prof. Dr. Joseph Ratzinger Joseph Ratzinger (rechts) mit seinem Bruder Georg. Bild: pRivat

5 Sonderausgabe 12/2022 Habemus papam! Als dieser Ruf am 19.04.2005 in Rom erklingt und vom Vatikan aus in alle Welt übertragen wird, ist für die kleine Filialkirchengemeinde St. Johannes der Täufer in Pentling nichts mehr so, wie es vorher war. Einer aus unseren Reihen, ein Mitglied unseres Ortes, unserer Kirchengemeinde, wird zum Oberhaupt der Weltkirche gewählt. Trotz des sofort begonnenen halbstündigen Glockengeläuts, auch mit „seinen drei Glocken“, denen er als Kardinal den Segen gab, war es manchem danach noch immer nicht voll bewusst. Einer von uns – einer, der immer so zurückhaltend auf seine Mitmenschen wirkte, so ruhig, unaufgeregt und würdig seine Gottesdienste in unserer kleinen Kirche feierte – sollte von nun an die Geschicke der Katholischen Kirche auf der ganzen Welt leiten. „Unser Professor“, der schließlich zum Erzbischof von München und Freising berufen wurde, später auch zum Kardinal an die Kurie nach Rom. Er, der nie seine Pentlinger vergessen hat. So wurden damals auch seine Mitbürger(innen) und Ministrant(inn)en zu den feierlichen Einsetzungsfeiern nach München eingeladen. Gerne erinnern wir uns auch an die Zeit als Kardinal, als wir manch einen Gottesdienst mit ihm im Pentlinger Gotteshaus feiern konnten. Er blieb halt zeitlebens auch immer noch ein „Pentlinger“. Früher, wann immer es in der kleinen kargen Pentlinger Kirche etwas zu beschaffen gab, meist aber die Mittel fehlten und der langjährige Mesner Georg Hopfensperger es im vortrug, antwortete er meistens nur mit einem kurzen „Dann müssen wir das wohl besorgen“ und beglich daraufhin ohne viel Aufhebens die Rechnung. So kam die Kirche durch ihn in den Besitz eines zweiten Kelches, verschiedener Hostienschalen, eines teuren Evangeliars mit Goldschnitt und einiger Messgewänder. In der Sakristei hat er auf seine Kosten ein altes Kreuz mit Gottesmutter und zwei Kerzenleuchtern restaurieren lassen. Auch bei den Sammlungen, z.B. für zusätzliche Glocken, stand er meist immer ganz oben auf der Spenderliste. Letztendlich hat man es auch ihm zu verdanken, dass die Kirche im Jahre 2006 innen renoviert wurde, weil man (höheren Orts) glaubte, der Hl. Vater möchte beim Heimatbesuch nicht nur sein Haus in Pentling, sondern auch das ihm wohl vertraute Gotteshaus besuchen. Leider war dies dann organisatorisch nicht möglich und er fuhr nur mit dem Auto vorbei. Auch den neuen Volksaltar, den Ambo und drei BronzeSedilien erhielt die Pentlinger Kirche indirekt durch ihn. Der Volksaltar war das Mittelstück des großen Altars beim Gottesdienst auf der „Papstwiese“ am Islinger Feld und man war der Meinung, dieser kann nur in Pentling aufgestellt werden. So entstand auch bei der Altarweihe durch S. E. Gerhard Ludwig Müller, dem damaligen Regensburger Bischof, der Begriff „Papstkirche der Diözese“. Das letzte und wohl größte Erinnerungsstück in der Kirche Pentling wird aber die neue Orgel sein. Im Juni 2018 reisten die Männer der Pentlinger Familie Hopfensperger (u.a. 2. Bürgermeister, Kirchenpfleger, Feuerwehrkommandant) nach Rom in den Vatikan. Sie waren vom Hl. Vater, Papst em. Benedikt XVI., zu einer Privataudienz in die Vatikanischen Gärten eingeladen. Da man sowohl dem Hl. Vater etwas zur Erinnerung an Pentling mitbringen, aber auch gerne etwas von ihm mit nach Hause nehmen wollte, bat man ihn, der neuen Orgel den Namen „Joseph Ratzinger Orgel“ geben zu dürfen. Eine bereits auf einstimmigen Beschluss der Kirchenverwaltung hin vorher angefertigte Urkunde wurde von ihm mit großer Freude unterzeichnet, nachdem er durch eine Fotomontage sehen konnte, wie das Werk später in der Kirche ausschauen wird. Einen schelmischen Satz konnte er sich aber dann zum Schluss doch nicht verkneifen: „Wenn die Familie Hopfensperger schon extra zu mir nach Rom kommt, war mir gleich bewusst, dass sie auch etwas für die Kirche in Pentling haben will!“ Was bleibt, sind dankbare Erinnerungen an einen Menschen, dem man auch noch im hohen Alter die Herzlichkeit in seinen Augen ansehen konnte. Zudem zeichneten ihn seine endlose Güte, edle Einfachheit und sein Humor aus. Ruhe in Frieden! Für die Kirchenverwaltung St. Johannes d. T. in Pentling Erwin Hopfensperger Kirchenpfleger

6 Sonderausgabe 12/2022 Papst Benedikt XVI. und die Feuerwehr In vielen Orten auf der ganzen Welt wird man sich fragen: „Was hat ein Papst mit einer kleinen Ortsfeuerwehr zu tun?“ In Pentling stellt sich diese Frage nicht. Der Hl. Vater, Papst em. Benedikt XVI., wohnte schon in seiner Zeit als Professor der Uni Regensburg hier in unserem Ort. So ist es nicht verwunderlich, dass er, als der Ruf zum Erzbischof von München und Freising sowie später auch als Kurienkardinal nach Rom kam, auch die Feuerwehr Pentling einlud, mit einer Delegation an den Feierlichkeiten in München teilzunehmen. Seit dieser Zeit war es in Pentling üblich, unseren Ehrenbürger auch für besondere Einweihungen einzuladen. Der langjährige Mesner Georg Hopfensperger brachte dies immer zu Stande. So kam es, dass der damalige Kardinal Joseph Ratzinger drei neuen Feuerwehrfahrzeugen (1986 mit von der Feuerwehr gespendetem Missionskreuz, 1996 und 2002) den kirchlichen Segen erteilte. Allen damaligen Kameraden wird auch noch bestens in Erinnerung geblieben sein, als wir zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde ein Spalier aus Feuerwehrmitgliedern in Uniform von der Kirche bis zum Gemeindezentrum bildeten, um ihn damit in besonderer Weise zu ehren. Ebenso denkt man gerne an die Weihe von drei Glocken bei Bürgerfesten der Feuerwehr Pentling zurück. Ein besonderer Tag war auch, als der Kardinal – damals noch mit seiner Schwester – das Gerätehaus besuchte und sich dann im „Goldenen Buch“ verewiglichte. Auf eine ganz besondere Art und Weise war der Kardinal auch dem 1. Kommandanten, Hans Hopfensperger, verbunden. Dieser durfte, wie so viele nun ältere Mitglieder der Feuerwehr, bei ihm als Ministrant am Altar dienen. Meist trafen sie sich auf dem morgendlichen Arbeits- bzw. Kirchenweg. Hopfensperger hielt mit dem Auto an und begrüßte ihn, der immer zu Fuß unterwegs war, mit: „Guten Morgen, Herr Kardinal“, worauf dieser zu entgegnen pflegte: „Guten Morgen, Herr Kommandant“. Die Feuerwehr verliert mit dem Hl. Vater, Papst em. Benedikt XVI., einen großen Freund und Gönner, durch dessen Anwesenheit allein die Feuerwehr geehrt wurde! In stiller Trauer verneigt sich die Freiwillige Feuerwehr Pentling vor diesem besonderen Menschen. Seine herzensgute Art wird uns immer und ewig in dankbarer Erinnerung bleiben. Freiwillige Feuerwehr Pentling Die Vorstandschaft Segnung eines Fahrzeugs der Feuerwehr Pentling. Bild: pRivat Ein übergroßes Plakat des Papstes wird bei seinem Besuch im Jahr 2006 über das Feuerwehrhaus in Pentling gezogen. Bild: RaineR Kühne

7 Sonderausgabe 12/2022 Ehrenbürger Pentling war 1987 die erste Gemeinde, die dem damaligen Kardinal Dr. Joseph Ratzinger und späteren Papst die Ehrenbürgerwürde antrug. Joseph Ratzinger wohnte zu diesem Zeitpunkt bereits seit 1969 in Pentling, nachdem er als Ordinarius für Dogmatik und Dogmengeschichte an die Universität Regensburg wechselte und viele Jahre in Pentling als Gemeindepfarrer wirkte. Er blieb bis zu seinem Tod in Pentling als Einwohner gemeldet. Nach dem Beschluss des Gemeinderats im März 1987 wurde Joseph Ratzinger die Urkunde der Ehrenbürgerwürde im Rahmen eines glanzvollen Festakts im Mai 1987, kurz nach seinem 60. Geburtstag, vom damaligen 1. Bürgermeister Gerhard Klier feierlich verliehen. Bei der Verleihung betonte Joseph Ratzinger, dass es „ihm Stolz und Freude sei, Ehrenbürger der Gemeinde zu sein“. Er zelebrierte zu diesem besonderen Anlass bei herrlichem Wetter mit den Pentlinger Bürgern einen Gottesdienst. Dieser herausragende Moment der Übergabe der Ehrenbürger-Urkunde wurde später in einer wunderbaren lebensgroßen Holzskulptur des Künstlers Reinhard Baumann aus Neukirchen b. Hl. Blut festgehalten, die seit April 2015 im Foyer des Pentlinger Rathauses steht. „ Ich hatte ein kleines Haus mit Garten bauen können, das meiner Schwester und mir ein rechtes Zuhause wurde, in dem mein Bruder immer gerne einkehrte. Wir waren wieder daheim.“ „Aus meinem Leben“, Joseph Ratzinger, 2015, über sein 1970 bezogenes Haus in Pentling. Dem Kardinal Joseph Ratzinger wird vom damaligen Bürgermeister Gerhard Klier die Ehrenbürger-Urkunde überreicht. BildeR: RoBeRt GRieSBecK

8 Sonderausgabe 12/2022 Vita 1927 Geboren am 16. April, einem Karsamstag, in Marktl am Inn (Landkreis Altötting, Bayern) als jüngster Sohn des Gendarmeriemeisters Joseph Ratzinger und der Köchin Maria Ratzinger, geb. Peintner, und am selben Tag römisch-katholisch getauft 1929 - 1937 Im Juli 1929 Umzug der Familie nach Tittmoning an der Salzach, im Dezember 1932 nach Aschau am Inn, wo Joseph seine Grundschulzeit verbringt Im April 1937 Einzug der Familie in ein eigenes Haus in Hufschlag bei Traunstein, wo die Söhne im erzbischöflichen Studienseminar leben und das Gymnasium besuchen; hier wird er Ministrant 1945 In den letzten Monaten des 2. Weltkriegs in den Hilfsdienst der Fliegerabwehr eingezogen, am 19. Juni Heimkehr aus amerikanischer Gefangenschaft 1946 - 1951 Studium der Philosophie und Theologie in Freising und München 1951 Priesterweihe am 29. Juni zusammen mit seinem Bruder Georg in Freising Kaplan in München-Bogenhausen 1952 - 1954 Dozent im Erzbischöflichen Klerikalseminar Freising 1953 Promotion zum Doktor der Theologie an der Universität München mit der Dissertation „Volk und Haus Gottes in Augustins Lehre von der Kirche“ 1954 - 1957 Dozent für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising 1957 Privatdozent und Habilitation an der Universität München im Fach Fundamentaltheologie mit der Schrift „Die Geschichtstheologie des hl. Bonaventura“ 1958 - 1959 Außerordentlicher Professor für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising 1959 - 1963 Ordinarius für Fundamentaltheologie an der Universität Bonn 1962 - 1965 Offizieller Konzilstheologe (Peritus) des Zweiten Vatikanums Die Familie Ratzinger im Jahr 1938, von rechts nach links: Vater Joseph, Schwester Maria, Mutter Maria, die Brüder Georg und Joseph. RepRo: Baumann

9 Sonderausgabe 12/2022 1963 - 1966 Ordinarius für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Münster 1966 - 1969 Ordinarius für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Tübingen 1969 - 1977 Ordinarius für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Regensburg 1969 Professor Dr. Joseph Ratzinger bezieht eine Wohnung in Pentling 1970 Professor Dr. Joseph Ratzinger baut sein Haus in der Bergstraße 1976 - 1977 Vizepräsident der Universität Regensburg 1976 Ernennung zum Päpstlichen Ehrenprälaten für besondere Verdienste um die Kirche 1977 25. März: Ernennung durch Papst Paul VI. zum Erzbischof von München und Freising 28. Mai: Bischofsweihe durch den Bischof von Würzburg Josef Stangl. Ratzingers Wahlspruch als Bischof war „Cooperatores veritatis“ („Mitarbeiter der Wahrheit”) 27. Juni: Erhebung zum Kardinalpriester durch Papst Paul VI. Ernennung zum Honorarprofessor der Universität Regensburg 1981 25. November: Ernennung zum Präfekten der Katholischen Glaubenskongregation in Rom durch Papst Johannes Paul II. 1987 31. Mai: Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Gemeinde Pentling 1993 Erhebung im Konsistorium des 5. April zum Kardinalbischof des suburbikarischen (um die Stadt Rom herum gelegenen) Bistums Velletri-Segni durch Papst Johannes Paul II. 1998 6. November: Bestätigung der Wahl zum Vizedekan des Kardinalskollegiums durch Papst Johannes Paul II. 2002 30. November: Bestätigung der Wahl zum Dekan des Kardinalskollegiums durch Papst Johannes Paul II., Ernennung zum Kardinalbischof von Ostia 2005 08. April: Leitung der Begräbnisfeierlichkeiten für Papst Johannes Paul II. 18. April: Vorsteher der Eucharistie zu Beginn des Konklaves: Vielbeachtete, gegen Materialismus und Relativismus gerichtete Predigt; Leitung der Papstwahl als Kardinaldekan 19. April: Wahl durch das Kardinalskollegium zum Papst nach nur 26 Stunden Konklave 24. April: Inauguration; Papst Benedikt XVI. erhält im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes auf dem Petersplatz den Fischerring und das Pallium 8. September: Privataudienz für Pentlinger Delegation in Castel Gandolfo Kardinal Joseph Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation auf dem Heimweg aus dem Vatikan. Foto: pRivat

10 Sonderausgabe 12/2022 Papst Benedikt XVI. ließ es sich nicht nehmen, bei seinem Besuch in Pentling aus dem Protokoll auszuscheren und eine andere Route zu wählen, um an seinen Pentlinger Bürgern vorbei zu fahren. Anschließend trug er sich in seinem Wohnhaus in der Bergstraße in das Goldene Buch der Gemeinde Pentling ein. Mit folgenden Worten grüßte er alle Pentlinger: „Der lieben Gemeinde Pentling und allen ihren Bewohnern wünsche ich von Herzen Gottes Segen“. Benedikt XVI. Papst. FotoS: RedaKtion, JüRGen meinelt 2006 25. Januar: Veröffentlichung der Antrittsenzyklika „Deus caritas est“ 11. September: Ankunft in Regensburg 12. September: Messe am Islinger Feld 13. September: Privater Besuch von Papst Benedikt XVI. in Pentling 2007 16. April: Spatenstich für das Seniorenheim „Haus Benedikt“ und Feierlichkeiten in Pentling anlässlich des 80. Geburtstages des Kirchenoberhauptes 2010 16. September: Übergabe des Wohnhauses in Pentling an das „Institut Papst Benedikt XVI.“ durch Georg Ratzinger 2011 3. März: Privataudienz für Pentlinger Bürger im Vatikan 29. Juni: 60jähriges Priesterjubiläum des Heiligen Vaters 2012 22. September: Einweihung der "Begegnungsstätte Wohnhaus Papst Benedikt XVI." durch Erzbischof Gerhard Ludwig Müller 2013 11. Februar: Papst Benedikt XVI. gibt seinen Rücktritt bekannt 28. Februar: Um 20 Uhr endet das Pontifikat von Papst Benedikt XVI. 23. März: Papst Franzikus und Benedikt XVI. treffen sich in Castel Gandolfo zum Gespräch 2017 17. April (Ostermontag): Feier anlässlich des 90. Geburtstags von Papst em. Benedikt XVI. im Kloster Mater Ecclesiae 2020 18. bis 22. Juni: Privater Besuch von Papst em. Benedikt XVI. bei seinem Bruder Georg in Regensburg mit Kurzaufenthalt am Familiengrab in Ziegetsdorf und in seinem ehemaligen Wohnhaus in Pentling 2021 29. Juni: Papst em. Benedikt XVI. feiert sein 70. Priesterjubliäum 2022 18. Juni: Nachträgliche Feierlichkeit anlässlich des 95. Geburtstags im Schloss Nymphenburg in München mit Live-Übertragung zu Papst em. Benedikt XVI. in das Kloster Mater Ecclesiae 31. Dezember: Papst em. Benedikt XVI. verstirbt im Kloster Mater Ecclesiae

11 Sonderausgabe 12/2022 Ausstellungen Vitrine mit verschiedenen Ausstellungs-Gegenständen. Mitte: Russisches Kreuz, das Papst Benedikt XVI. als Geschenk aus Polen erhalten hat. Rechts: Kelch, den Kardinal Joseph Ratzinger der Kirche St. Johannes in Pentling gestiftet hat. BildeR: RaineR Kühne Papst em. Benedikt XVI. Meine Wege in Pentling Ausstellung im Rathaus 6.–26. April 2015 14–18 Uhr donnerstags bis 20 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Gemeinde Pentling und Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit www.papst-in-pentlng.de Der scharlachrote („porpora“) Talar für offizielle Anlässe und die weiße Soutane von Papst Benedikt XVI.

12 Sonderausgabe 12/2022

13 Sonderausgabe 12/2022 „ Als mir vor einiger Zeit Herr Dr. Christian Schaller vom Institut Papst Benedikt XVI. in Regensburg die Tonbandnachschriften einiger der in den achtziger und neunziger Jahren in Pentling gehaltenen Predigten zuschickte, ging ich mit Neugierde und auch ein wenig Skepsis an die Lektüre. Das Lesen der Texte ist mir aber dann alsbald nicht nur zu einer Begegnung mit dem Wort Gottes geworden, das ich als Gegenwart auszulegen versucht hatte, sondern auch zu einer Wanderschaft des Herzens in schöne vergangene Tage hinein. Die heimelige Dorfkirche stand wieder vor mir auf und damit das Glauben, Beten und Singen der Menschen, bei denen ich mich zu Hause wusste.“ Das kleine Buch „sei in besonderer Weise meinen Landsleuten in Pentling gewidmet in der Hoffnung, dass es auch vielen anderen helfen kann, das Wort des Evangeliums zu verstehen und zu leben.“ Euer Mitbürger

14 Sonderausgabe 12/2022 Sein „Häusl“ Das „Papsthaus“ mit dem schönen Garten. Die Büste des Papstes vor dem wundervoll blühenden Magnolienbaum. BildeR: RaineR Kühne, JoSeF edeR Einblick in das beleuchtete Wohnzimmer. 2012 wurde die Begegnungsstätte „Wohnhaus Papst Benedikt XVI.“ eingeweiht. Das frühere Arbeitszimmer des Pfarrers und Professors Dr. Joseph Ratzinger.

15 Sonderausgabe 12/2022 Das Familiengrab der Ratzingers Im Jahr 2006 konnte der damalige Papst Benedikt XVI. das Familiengrab der Ratzingers, in dem seine Eltern und seine Schwester begraben sind, im Rahmen seines Aufenthalts in Pentling besuchen. Im Jahr 2020 – beim Besuch seines Bruders Georg in Regensburg – hielt er ein letztes Mal am Familiengrab inne. 1974 ließen Joseph und Georg Ratzinger die verstorbenen Eltern von Traunstein nach Regensburg – Ziegetsdorf umbetten. Zu diesem Zeitpunkt verfügte Pentling noch nicht über einen Friedhof. Damals gingen die beiden Brüder davon aus, dass sie ihren Lebensabend an der Donau verbringen würden und wollten deshalb, wie Papst Benedikt XVI. es in seinen Memoiren formulierte, dass die Familie wieder an einem Ort zusammen sein sollte. Vater Joseph war 1959 im Alter von 82 Jahren gestorben, Mutter Maria 1963 mit 79 Jahren und seine Schwester Maria 1991 mit 69 Jahren. Über viele Jahrzehnte führte seine Schwester Maria ihm den Haushalt. Sie gab ihre berufliche Tätigkeit auf, als Prof. Ratzinger seinen ersten Lehrstuhl an der Universität Bonn erhielt. Sie folgte ihm nach Münster und Tübingen, schließlich nach Regensburg und später nach München, um sich dort an der Führung des Haushaltes zu beteiligen. Als Joseph Ratzinger 1982 Präfekt der Glaubenskongregation in Rom wurde, begleitete sie ihn ebenfalls. Im Leben Ratzingers stand die enge geschwisterliche Beziehung stets im Vordergrund. Einladungen im gesellschaftlichen Bereich an Ratzinger erstreckten sich stets auch auf seine Schwester und umgekehrt kümmerte sie sich bei Einladungen ihres Bruders stets um deren Ausrichtung. Als er in Pentling Fuß gefaßt und sein Haus bezogen hatte, ließ er seine Eltern aus Traunstein auf den Ziegetsdorfer Friedhof überführen. Der Pentlinger Friedhof war zu diesem Zeitpunkt noch nicht angelegt. 1991 wurde auch seine Schwester Maria dort begraben. Bei seinem Besuch im Jahre 2006 durfte er, zusammen mit seinem Bruder Georg, noch einmal ans Grab seiner Familie kommen und für ein paar Augenblicke alleine in aller Stille beten. Bild: maRKuS maieR Die Geschwister Maria und Joseph Ratzinger. Foto: pRivat

16 Sonderausgabe 12/2022 Erinnerungen von Prof. Dr. Wolfgang Beinert „Im tiefsten Sinn ein Daheim!“ Wenn sich die Jahre eines Lebens neigen, richten sich die Augen auf die Zeitstrecke, die einer zurückgelegt hat, fragen nach der Ernte langen und reichlichen Säens. Das trifft unbestreitbar auf alle Menschen zu, in besonderer Weise allerdings auf jene, die eine herausgehobene Existenz aufweisen. Wenn es jemanden gibt, auf den das punktgenau zutrifft, dann ist es Joseph Alois Ratzinger. Die Exzellenz seiner Anlagen und Gaben hat sich früh gezeigt. Ich war ihm das erste Mal im Herbst 1962 begegnet. Joseph Ratzinger, damals in Bonn lehrender Professor und gerade 35 Jahre alt, hatte einen außerordentlichen Ruf als moderner, aufgeschlossener, demWollen des Konzilspapstes Johannes XXIII. verpflichteter Theologe. Sein Ruhm wuchs dann stetig weiter. Wir kennen die Stationen: Professuren in Bonn, Münster, Tübingen und hier in Regensburg, Erzbischof von München und Freising, Präfekt der Glaubenskongregation und engster Berater Johannes Pauls II., endlich Nachfolger des hl. Petrus auf der Cathedra von Rom – Benedikt XVI. Wir wissen noch nicht, welche Position ihm die Historiker im Rahmen der Papstgeschichte einräumen werden - als „großer“ oder, wie er sich selber in einer der ersten Reden als Pontifex charakterisiert hat, als „kleiner“ Papst – was immer mit diesen Qualifikationen auch gemeint sein mag? Wir vermögen jetzt und hier aber eines: Wir können gewissermaßen die Puzzlesteine zusammensammeln, aus denen das Bild dieses Mannes sich rückblickend zusammensetzen wird. An erster Stelle sei zu nennen, dass Joseph Ratzinger die Geschichte unseres Ortes nachdrücklich und wohl auch nachhaltig geformt hat als Mitbürger, Ehrenbürger und erster regelmäßiger Seelsorger von Pentling. Wir alle haben ein wenig und je auf unsere Weise dazu beigetragen, dass der damalig frischgewählte Papst auf der denkwürdigen Audienz für die Pentlinger am 08. September 2005 in Castel Gandolfo bekennen konnte: „Pentling ist für mich im tiefsten Sinn ein Daheim!“ Er blieb hier auch immer daheim. Dafür bürgen in unserem Gotteshaus, der Papstkirche, der Altar vom Islinger Feld, an dem er 2006 zelebrierte, der Ambo, von dem aus er Gottes Wort an die Regensburger verkündet hat, und das Messgewand mit seinemWappen. Wir stehen schon beim zweiten großen Puzzlestein, beim teilweise hier entstandenen immensen theologischen Oeuvre Ratzingers. Man gab ihm gern den Beinamen „Theologenpapst“. Wohl niemand im 20. Jahrhundert hat ein quantitativ wie qualitativ so umfangreiches Werk verfasst wie er. An dritter Stelle ist anzuführen, dass Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. tiefen Einfluss gehabt hat auf das Leben und Wirken der römisch-katholischen Kirche und über sie auch auf die gesamte christliche Ökumene. Und dabei darf nicht fehlen, dass er mit seinem freiwilligen Rücktritt am Rosenmontag 2013, dem ersten eines regierenden Papstes seit 1294, ein mutiges Zeichen gesetzt hat, dessen ganze Wirkungsbreite auch heute noch nicht vollständig fassbar ist. Noch einen letzten, wesentlichen Puzzlestein habe ich vorzulegen. Das war die demütige Spiritualität Joseph Ratzingers. Er war von Jugend auf im besten Sinn geprägt von einer altbayerischen Frömmigkeit. Die ist ganz schlicht, ganz einfach – und doch ganz tief, des Theologen würdig. Ihr Zentrum ist Christus selber, dessen Geheimnis er ein ganzes Leben lang nachspürte. Gegen Ende der Enzyklika „Deus caritas est“ (Nr. 39) schrieb Papst Benedikt XVI.: „Die Liebe ist das Licht – letztlich das einzige – das eine dunkle Welt immer wieder erhellt und ihr den Mut zum Leben und Handeln gibt. Die Liebe ist möglich und wir können sie tun, weil wir nach Gottes Bild geschaffen sind. Die Liebe zu verwirklichen und damit das Licht Gottes in die Welt einzulassen – dazu möchte ich mit diesem Rundschreiben einladen.“ Joseph Alois Ratzinger hatte sein Leben lang versucht, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Wir wollen diesem, seinem Appell gerecht werden. Wir danken ihm, wir ehren ihn, indem wir selber aus und in Liebe Mut zu dem uns aufgetragenem Handeln finden. Nach der Ansprache beim Empfang der Gemeinde Pentling anlässlich des 90. Geburtstages von Ehrenbürger Papst emeritus Benedikt XVI. am 17. April 2017

17 Sonderausgabe 12/2022 Therese und Rupert Hofbauer Im Jahre 1980 übernahmen wir die Betreuung von Haus und Garten von Kardinal Ratzinger. Damals wussten wir noch wenig über ihn, jedoch wurden wir überaus positiv überrascht. Wir erhielten viel Anerkennung, Lob und Dankbarkeit für unsere geleistete Arbeit. Auch den Nachbarn gegenüber war Herr Ratzinger stets rücksichtsvoll, tolerant und friedfertig. Er hat immer mit regem Anteil am Geschehen in der Nachbarschaft teilgenommen. Kardinal Ratzinger war immer sehr freundlich und grüßte jeden, dem er begegnete. Dadurch war er bei allen sehr beliebt. Als im April 2005 zur Überraschung aller Kardinal Ratzinger zum Papst gewählt wurde, waren wir keineswegs vergessen. Bei jedem unserer Besuche in Rom wurden wir sehr herzlich empfangen und die vielen Briefe, die wir im Laufe seiner Amtszeit und auch nach seinem Rücktritt erhielten, ließen uns seine Verbundenheit zu uns und seiner Heimatgemeinde erkennen. Der größte Höhepunkt in unserem Leben war jedoch unsere goldene Hochzeit 2017, die wir gemeinsam mit Papst em. Benedikt XVI. in Rom feiern durften. Nach einem Gottesdienst in der Hauskapelle wurden wir zum Frühstück und zu einem gemütlichen Beisammensein eingeladen. Wir überreichten mitgebrachte Briefe, berichteten aus der Heimat und tauschten alte Erinnerungen aus. Es war eine sehr fröhliche Stimmung. Diese Begegnung hat uns sehr berührt und wir denken immer wieder an die große Ehre, die wir erfahren durften. Sie hat unser ganzes Leben geprägt und wir sind sehr dankbar dafür. Prof. Dr. Reinhard Richardi Als wir uns entschlossen, in Pentling ein Haus zu bauen, empfahl Joseph Ratzinger uns den Architekten seines Hauses in der Bergstraße. Ratzinger behielt sein Haus, als er Erzbischof von München und Freising wurde. In der Zeit seines Amtes als Präfekt der Glaubenskongregation und Kardinal in Rom waren seine Schwester und er stets im August, dem Ferienmonat des Heiligen Stuhls, in Pentling. Beide nahmen an unserem Familienleben teil. Er traute meine Töchter und taufte meine beiden ältesten Enkel Sebastian und Katharina. Einmal im Jahr fuhren meine Frau und ich nach Rom, für uns die schönste Stadt der Welt. Für seine Eltern hielten sein Bruder, der Domkapellmeister Georg Ratzinger, und er zu Allerseelen die Messe in Ziegetsdorf. Zur Vorbereitung kam stets seine Schwester, die mit ihm in Rom lebte, zwei Tage vorher nach Pentling. Während dieser Zeit verstarb sie 1991 plötzlich und er bedurfte des Trostes, den ihm meine verstorbene Frau gab. Neben der Zeit im August kam Ratzinger auch „zwischen den Jahren“. Er wusste stets, wie die Krippe im vergangenen Jahr aufgestellt war. Als meine Enkelin eine Krankenschwesterfigur aus Playmobil dazu gestellt hatte, war er verwundert, aber ihre Erklärung leuchtete ihm ein, es könnte doch sein, dass in der Krippe ein Krankheitsfall auftritt. Zum Dominospiel meines Enkels kniete er sich auf den Teppich nieder und als er Papst geworden war, ging dieses Foto um die Welt. Zu meinem achtzigsten Geburtstag schrieb er mir, dass die Feste unserer Familie auch zu seinen, die seinen auch zu unseren geworden seien. Für die Gemeinschaft, die so gewachsen sei, könne er nur dankbar sein. „Der Herr Ratzinger ganz privat“ Erinnerungen befreundeter Pentlinger Familien

18 Sonderausgabe 12/2022 1. Bürgermeisterin Barbara Wilhelm und 2. Bürgermeister Sebastian Hopfensperger mit Papst em. Benedikt XVI. bei ihrem Besuch in Rom im Jahre 2015. Bild: Gemeinde pentlinG Bild rechts: Pentlinger Bürgerinnen und Bürger besuchten im Jahr 2011 Papst Benedikt XVI. im Vatikan. Bild: vatiKan Papst em. Benedikt XVI. empfängt die drei Bürgermeister der Gemeinde Pentling, Barbara Wilhelm, Sebastian Hopfensperger (r.) und Wilhelm Haubner (l.), im Kloster Mater Ecclesiae im Jahre 2015. Bild: Gemeinde pentlinG

19 Sonderausgabe 12/2022 Altbürgermeister Albert Rummel gratuliert zum 80. Geburtstag. Bild: vatiKan Die erste Bürgermeisterin Barbara Wilhelm überbringt Glückwünsche zum 90. Geburtstag. Bild: vatiKan Besuche beim Papst

20Sonderausgabe 12/2022 Der Festakt zum 90. Geburtstag des Papstes in seiner Heimatkirche St. Johannes d. T. in Pentling. Bild: Felix Bonn Prof. Beinert überreicht dem Papst in Castel Gandolfo das von ihm herausgegebene „Neue Lexikon der katholischen Dogmatik“. Bild: vatiKan Kardinal Ratzinger nach der Glockenweihe an der Pentlinger Kirche (1994). Vor dem Kardinal die Konzelebranten (v. l. Domvikar Scharf, Pfarrer Pelg, Prof. Beinert). Bild: KaRl-heinz alBeRt

21 Sonderausgabe 12/2022 Unser Herr Pfarrer Schon als junger Bub wurde Joseph Ratzinger Ministrant. Und mit 16 Jahren äußerte der junge Mann bereits als Berufswunsch, katholischer Priester werden zu wollen. Auch wenn er zunächst hierfür verhöhnt wurde, verfolgte er dieses Ziel beharrlich und im Jahr 1951 empfingen er und sein Bruder Georg die Priesterweihe durch den damaligen Erzbischof von München und Freising, Kardinal Michael Faulhaber. Im Jahr 1969 folgte er als mittlerweile promovierter Theologe nach Stationen in Freising, Bonn, Münster und Tübingen dem Ruf an die Universität Regensburg und bezog ganz in der Nähe, hier „bei uns“ in Pentling, 1970 zunächst eine Wohnung und baute dann umgehend ein eigenes Haus. Fortan wirkte er in unserer Gemeinde auch als Seelsorger. „Unser Pfarrer“ Joseph Ratzinger war ganz nah an den Gläubigen der Gemeinde. Er hielt Messen mit bewegenden, treffenden Predigten, er weihte Feuerwehrautos und Kirchenglocken, zelebrierte Taufen und noch so vieles mehr. Selbst als er 1992 als Präfekt der Glaubenskongregation vom Papst nach Rom berufen wurde, kehrte er in den Urlauben wieder nach Pentling zurück, um in St. Johannes wieder am Altar zu stehen. An der Kirche St. Johannes d. T. in Pentling wurde zu Ehren der seelsorgerischen Arbeit des „Herrn Pfarrer“ Joseph Ratzinger eine Gedenktafel angebracht. Bild: maRKuS maieR In der Kirche St. Johannes d. T. in Pentling feierte Joseph Ratzinger, soeben zum Kardinal ernannt, am 10. September 1977 die Weihe der dritten Glocke, für die er selbst eine Spende von 2000 Mark gegeben hatte, einen Festgottesdienst mit Karl Wohlgut (von 1973 bis 1978 Pfarrer von Ziegetsdorf, links) und Domdekan Edmund Stauffer (rechts). BildeR: KaRin WinneR, maRKuS maieR Der Papst besucht mit seinem Privatsekretär Georg Gänswein sein früheres Wohnhaus in Pentling und unterhält sich mit den Bürgerinnen und Bürgern. Bild: pRivat

22 Sonderausgabe 12/2022 Liebe Mitbrüder! Ich habe euch zu diesem Konsistorium nicht nur wegen drei Heiligsprechungen zusammengerufen, sondern auch um euch eine Entscheidung von großer Wichtigkeit für das Leben der Kirche mitzuteilen. Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben. Ich bin mir sehr bewusst, dass dieser Dienst wegen seines geistlichen Wesens nicht nur durch Taten und Worte ausgeübt werden darf, sondern nicht weniger durch Leiden und durch Gebet. Aber die Welt, die sich so schnell verändert, wird heute durch Fragen, die für das Leben des Glaubens von großer Bedeutung sind, hin- und hergeworfen. Um trotzdem das Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden, ist sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, dass ich mein Unvermögen erkennen muss, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen. Im Bewusstsein des Ernstes dieses Aktes erkläre ich daher mit voller Freiheit, auf das Amt des Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri, das mir durch die Hand der Kardinäle am 19. April 2005 anvertraut wurde, zu verzichten, so dass ab dem 28. Februar 2013, um 20 Uhr, der Bischofssitz von Rom, der Stuhl des heiligen Petrus, vakant sein wird und von denen, in deren Zuständigkeit es fällt, das Konklave zur Wahl des neuen Papstes zusammengerufen werden muss. Liebe Mitbrüder, ich danke euch von ganzem Herzen für alle Liebe und Arbeit, womit ihr mit mir die Last meines Amtes getragen habt, und ich bitte euch um Verzeihung für alle meine Fehler. Nun wollen wir die Heilige Kirche der Sorge des höchsten Hirten, unseres Herrn Jesus Christus, anempfehlen. Und bitten wir seine heilige Mutter Maria, damit sie den Kardinälen bei der Wahl des neuen Papstes mit ihrer mütterlichen Güte beistehe. Was mich selbst betrifft, so möchte ich auch in Zukunft der Heiligen Kirche Gottes mit ganzem Herzen durch ein Leben im Gebet dienen. „ Der Papst zieht sich zurück Verantwortlich Gemeinde Pentling, die 1. Bürgermeisterin Barbara Wilhelm Logo papst in pentling Rainer Kühne Fotos Karl-Heinz Albert, Felix Bonn, Josef Eder, Robert Griesbeck, Rainer Kühne, Markus Maier, Alfred Meier, Jürgen Meinelt, Karin Winner, Mitarbeiter Fa. Aligator, aus dem privaten Besitz der Fam. Ratzinger und Richardi, Gemeinde Pentling, Servicio Fotografico Osservatoro Romano, Vatikan Texte Prof. Dr. Wolfgang Beinert, Therese und Rupert Hofbauer, Erwin Hopfensperger, Hans Hopfensperger, Prof. Dr. Reinhard Richardi, Monika Völkl redaktion Birgit Burgel, Markus Maier, Monika Völkl Impressum

23 Sonderausgabe 12/2022 Um seinen schwer erkrankten und bald darauf verstorbenen Bruder Georg Ratzinger zu besuchen, reiste Papst em. Benedikt XVI. am 18. Juni 2020 nach Regensburg und verweilte für 5 Tage in der ehemaligen Heimat. Der Besuch wurde erst am Tag der Anreise bekanntgegeben, verbunden mit der ausdrücklichen Bitte, den Aufenthalt als einen rein privaten Besuch ohne öffentliche Auftritte zu verstehen. Der emeritierte Papst verbrachte täglich viele Stunden am Krankenbett seines Bruders Georg. Die Brüder nutzten diese Zeit, um sich voneinander zu verabschieden. Prof. Dr. Georg Ratzinger, Apostolischer Protonotar und Domkapellmeister em. verstarb am 01.07.2020. Trotz des straffen Zeitplans besuchte Papst em. Benedikt XVI. am Samstag, den 20.06.2020, das Grab seiner Eltern und seiner Schwester Maria am Ziegetsdorfer Friedhof und ließ sich anschließend nach Pentling fahren, um noch einmal sein ehemaliges Wohnhaus zu sehen. Das Haus in der Bergstraße, welches er selber bauen ließ, bezeichnete er stets als sein „Häusl“ und sein „Daheim“. Papst em. Benedikt XVI. hielt sich für eine Stunde in seinem „Häusl“ in Pentling auf – an dem Ort, an dem viele schöne Erinnerungen an die gemeinsame Zeit mit seinen Geschwistern hingen und an es zu vielen erfreulichen Begegnungen mit seinen Nachbarn, Freunden, Gelehrten und so manchen berühmten Persönlichkeiten gekommen war. Papst em. Benedikt XVI. besucht ein letztes Mal seine Heimat Unser Ehrenbürger vollendete am 16. April 2022 sein 95. Lebensjahr. Kurz zuvor war ihm in dem Münchner Missbrauchsgutachten formales Fehlverhalten in vier Fällen angelastet worden, da er in seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising einen Priester, der sich des sexuellen Missbrauchs an Kindern schuldig gemacht hatte, weiterhin als Seelsorger eingesetzt hatte. In seiner schriftlichen Stellungnahme dazu brachte er sein tiefes Mitgefühl für die Opfer und sein Bedauern jedes einzelnen Falles zum Ausdruck. Diese Anschuldigungen bedrückten Benedikt XVI. schwer und sie überschatteten das bedeutende Lebenswerk des großen Theologen und Gelehrten. Am 18. Juni 2022 luden die Stiftung und das Institut Papst Benedikt XVI. anlässlich seines 95. Geburtstags zu einer festlichen Matinee nach München ein. Der Festvortrag von Frau Prof. Dr. Schlosser trug den Titel „Hirte und Lehrer“ und befasste sich in verständlichen Worten mit den Themen, die den herausragenden Theologen und Seelsorger Joseph Ratzinger sein ganzes Leben begleitet haben und zu denen er viele Schriften verfasst hatte. Die zweistündige Feier wurde live vom Papst emeritus in Rom mitverfolgt, dessen Grüße Erzbischof Georg Gänswein den geladenen Gästen, zu denen auch die Pentlinger Bürgermeisterin zählte, überbrachte. Bürgermeisterin Barbara Wilhelm übergab dem Erzbischof eine schön gestaltete Karte mit Grüßen von Pentlinger Bürger*innen, die Papst em. Benedikt persönlich gekannt hatten. 95. Geburtstag Am 29. Juni 2021 zelebrierte Papst Benedikt em. sein 70. Priesterjubiläum in einer sehr persönlichen kleinen Feier. Im Namen der Gemeinde Pentling gratulierte 1. Bürgermeisterin Barbara Wilhelm zu diesem besonderen Jubiläum und brachte von ganzem Herzen Dankbarkeit zum Ausdruck, dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger den Heiligen Vater viele Jahre als ihren Herrn Pfarrer so nah erleben durften. 70. Priesterjubiläum Persönliches Dankschreiben (rechts), Dankschreiben für die Gratulation (ganz rechts).

In Memoriam www.papst-in-pentling.de Papst Benedikt XVI. grüßt die Gläubigen am Petersplatz. Bild: vatiKan

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